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Birds and clouds from one life to another

Das Kunstprojekt des australisch-deutschen Künstlerinnenduos Sylvia Schwenk und Nikola Dicke „birds and clouds from one life to another“ basiert auf Bertolt Brechts Gedicht „Die Liebenden“ in dessen Mittelpunkt ein Kranichschwarm steht. In ihrer Kunst-Aktion flog eine Gruppe deutscher und niederländischer Piloten im norddeutschen Bad Bentheim an der Grenze zu den Niederlanden mit ihren Modellflugzeugen eine von den Künstlerinnen entwickelte Choreographie zu der Komposition speziell für die Performance geschrieben wurde. Nach der Aufführung der Flugchoreographie waren alle Beteiligten eingeladen, kleine Origami-Mobiles und große Origami-Kranich-Skulpturen zu bauen, die sie dann in einer weiteren Choreographie über das Flugfeld trugen. Der Tag endete mit einem Barbeque.

Schwenk und Dicke verfolgen einen Ansatz, der Kunst mit einer Reflektion über politische Handlungsfelder verbindet und der den kunstkonformen Rahmen nutzt, um Aufmerksamkeit zu generieren und Diskursfelder miteinander zu vermischen und Möglichkeiten einer anderen Öffentlichkeit für gesellschaftliche Gruppen bereitstellt. Als „eine neue kritische Strategie des Widerstands von innen“ hat der Kunsthistoriker Hal Foster die Methode bereits vor 25 Jahren umschrieben.1 Die Künstlerinnen versuchen also nicht im Sinne der Kontext-Kunst der späten 1980er und frühen 1990er Jahre eine Neuverortung künstlerischer Strategien in der Realwelt, sondern umgekehrt, sie versuchen die Realität thematisch und formal in die Kunst zu integrieren und verschaffen ihr so eine neue Aufmerksamkeiten durch De- und Rekontextualisierung, die wiederum ihren Niederschlag in der kunstfernen Welt findet. Sie beschreiben nicht einfach kulturelle und politische Praktiken, sondern fokussieren – kohärent und spielerisch zugleich – auf die Realität, ohne sich einem stilistischen Realismus zu unterwerfen.

Die Art der Handlungen ist den alltäglichen Routinen abgeschaut, denen in kollektiver, meist spielerischer Praxis eine neue, ästhetische Qualität verliehen wird. In letzter Konsequenz geht es um die Rückführung der neu bewerteten Handlungen in den Alltag.

„birds and clouds from one life to another” knüpft verfolgt einen gesellschaftspolitischen Ansatz, der räumliche und soziale Prozesse auslöst sowie Inhalte gleichzeitig im politischen und ästhetischen Feld verhandelt. Schwenk und Dicke bieten mit ihrem Projekt, das sowohl eine einstudierte Flug-Performance, einen Origami-Workshop und eine Performance mit den gebauten Origami-Kranich-Skulpturen beinhaltete, vor allem ein Angebot zur Kommunikation und Interaktion an. Es ging darum das gesamte Projekt als Ereignis in seiner Existenz zu erkennen. Kunst als Moment eines klaren Bewusstseins, nicht mittels Nachahmung Leben zu gestalten oder durch Widerspiegelung Lebenszusammenhänge inhaltlich darzustellen, sondern die Tatsachen des Lebens zu erkennen. Kunst nicht als Sach-Form sondern als Denk-Form.2

1 Hal Foster, ‘Subversive signs’, in: Charles Harrison & Paul Wood (ed.), Art in Theory, 1900-2000: an anthology of changing ideas, (Malden, MA: Blackwell Publishers, 2003)

2 Siehe auch Alan Kaprow: ‘The Happenings are dead – Long live the Happenings’, Artforum 4/7, New York, 1966

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